WIN Interview
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WIN Creating Images: Anke Krocker und Melvin Fahl über die Trend- und Packaging Design Agentur

Eine Verpackung, die von WIN Creating Images entwickelt wurde, ist den meisten von uns bestimmt schon einmal begegnet. Seit 1997 ist der Verpackungs-Spezialist fest am Markt etabliert und heute die größte inhabergeführte Trend- und Packaging Design Agentur in der DACH-Region. Das Unternehmen deckt alle Bereiche – Design, Strategie, Trend und Fotografie – ab und erschafft so Marken und Packagings, die ins Auge gehen, im Kopf bleiben und gerne gekauft werden. Auch Kunden aus der Getränkebranche setzen auf WIN – Warsteiner, Pernod Ricard, Bimmerle, Berentzen, Vranken-Pommery, Rotkäppchen-Mumm und viele weitere.

Im Interview haben wir mit Anke Krocker (Head of Design) und Melvin Fahl (Chief Strategy Officer) gesprochen – über Marken, Kunden und One-Stop-Packaging. Zudem verraten sie, welche Verpackungen aus der Getränkebranche sie immer noch faszinieren.

Zu Ihren Kunden zählen unter anderem Warsteiner, Bimmerle und Berentzen. Wie wichtig ist bei solchen Namen die Verpackung für eine Marke?

Anke Krocker: Unabhängig davon, wie groß die Marke ist: Die Verpackung ist immer wichtig für die Marke. Wir wissen dank der Neurowissenschaft: Bis sich aus einem visuellen Reiz eine Meinung gebildet hat, vergehen 0,1 Sekunden. Verdammt wenig Zeit, um potenziellen Käufer*innen die Tür zu einer Welt zu öffnen. Da kommt das Packaging ins Spiel: Verpackungen können eine Brücke zwischen Marke und Mensch schlagen.  Sie sind das greifbarste Medium der Kommunikationswelt.

Denn: Packaging übersetzt sich (oft unbewusst / unterschwellig) in Emotionen. Emotionen übersetzen sich in Kaufentscheidungen und Markenimage.

Und umgedreht: Wie wichtig ist die Marke für die Verpackung?

Anke Krocker: Hier gibt es keine pauschale Antwort. Bei der Core Range (der klassischen Bier-Range) von Warsteiner ist die Marke beispielsweise enorm wichtig. Die Marke allein weckt Assoziationen wie Qualität und Tradition – und hat bei Kund*innen schon dadurch einen Vertrauensvorschuss. Gleichzeitig ergibt sich durch die verinnerlichte Markensprache und die gelernten Designcodes eine gewisse Limitierung der Designfreiheit. Eine starke Marken-DNA verlangt meistens nach einer engen visuellen Orientierung an der Core-Range.

Ganz anders sieht es z.B. beim Warsteiner Bierlikör aus. Die Wahrnehmung bzw. Reihenfolge der Informationen ist bei Bierlikör quasi umdreht. Während ich bei der Core-Range als Konsument*in sofort die Marke wahrnehme, die im Zentrum steht und die Designelemente alle darauf einzahlen, kommt beim Bierlikör eine ganz einzigartige Designsprache zum Einsatz, die sich von den bestehenden Designcodes löst. So entsteht eine super Chance, neue Zielgruppen durch den neuen Look anzusprechen, für die die Marke bei der Kaufentscheidung zweitrangig ist. Im Optimalfall hat das innovative Design auch einen positiven Abstrahleffekt auf die Core-Marke, also eine Win-Win Situation.

Verpackungen und Marke gehen also immer Hand in Hand. Wie das optimale Packaging für eine bestimmte Marke aussieht, hat aber immer mit der Markenpositionierung und ausgewählten Zielgruppe zu tun.

Ihr Konzept nennt sich One-Stop-Packaging. Welche Philosophie steht genau dahinter?

Melvin Fahl: Wir haben generell einen sehr hohen Anspruch an Verpackungen. Das One-Stop-Packaging Konzept erlaubt es uns, die Fehlerkette zu brechen/Fehlerquelle auf ein Minimum runterzufahren, weil wir alles aus einer Hand anbieten. Von Beratung über Strategie und Kreation bis in die Reinzeichnung und Produktion für die Kontrolle: Alles passiert bei uns Inhouse. Sogar eigene Fotostudios haben wir. Nur so ist es uns möglich sicherzustellen, dass wir bei jedem einzelnen Schritt des Prozesses den Überblick haben und unseren Qualitätsanspruch halten können.

Konkret heißt das, dass bei uns Trendforschende, Zukunftsdenkende und Kreative jeden Tag die Köpfe zusammenstecken, damit unsere Kund*innen genau das bekommen, was sie brauchen: Packaging, das gerne gekauft wird. Und Marken, auf die wir und unsere Kund*innen stolz sein können.

Man hört es immer wieder: Der Getränkemarkt ist gesättigt. Wie positioniert man da heutzutage eine Marke richtig und findet die optimale Lücke?

Melvin Fahl: Grundsätzlich lohnt es sich, in regelmäßigen Abständen einen Schritt zurückzutreten: Erst wenn der Markt und der Wettbewerb verstanden sind, kann eine neue Marke am Markt positioniert und zielgerichtet entwickelt werden. Auch in einem gesättigten Markt lassen sich (je nach Produktkategorie) Lücken finden und Markenstrategien entwickeln.

Ein Beispiel dafür: unser EVERMANN Whisky. Es mangelt auf dem Markt nicht an Whiskys – trotzdem konnten wir dank eines konsequenten Storytellings eine neue Whiskymarke mit authentischem Markenanker schaffen. Als moderne Heritagemarke hat EVERMANN einen Platz im übersättigten Alcoholic Beverages Markt gefunden. Warum das bei EVERMANN besonders gut ging? Weil das Segment Whisky emotionaler, tiefsinniger und wärmer als viele andere Spirituosen-Segmente ist – und das Packaging damit besonders geeignet für Geschichten.

Wir haben extrem viel Zeit und Mühe darauf verwendet, zwei Markenpersönlichkeiten zu entwickeln, die zum Charakter der Whiskys passen. Theo ist ein Lebemensch und weltlich geprägt, während das Premium-Produkt Wilhelm kraftvoll und charakterstark ist, mit einer intensiven Leidenschaft für den Schwarzwald. Durch das Design haben wir dann erst im zweiten Schritt diese zwei Persönlichkeiten zum Leben erweckt. Es ging also auch hier, wie so oft bei unserer Arbeit, um viel mehr als Design. Das Thema der Heimat – dem Schwarzwald – liefert den Bimmerle Whiskys einen unverwechselbaren Rahmen: So ist „Schwarzwald“ internationales Gütesiegel und Begriff für Geschmack, Handwerk, Gastfreundschaft und Wertigkeit.

Gibt es noch ein anderes Beispiel?

Melvin Fahl: Ein zweites Beispiel, der TASTEA, zeigt einen anderen Weg, um eine Lücke zu finden und füllen. Hypes und Trends resultieren aus einer Welt, die im stetigen Wandel ist. So kann sogar in das Segment Eistee, in dem lange Stillstand geherrscht hat, plötzlich Bewegung kommen. Durch eine Subkultur wie den Hip-Hop und die sehr starke und laute Zielgruppe der GenZler kann sich eine Marktentwicklung ergeben, die den Markt ganz neu aufrollt und ganz neue Lücken aufweist. Durch entsprechende Influencer*innen sowie neue Geschmacksrichtungen und Rezepturen, die komplett gegenläufig zum bis dato vorherrschenden Trend der eher immer gesünderen, zuckerreduzierten Rezepturen lief, ist kurzfristig eine neue Nische mit „innovativen“ Geschmacksrichtungen und neuen Designcodes entstanden.

Man kann bei EVERMANN und TASTEA sagen, dass sie eine Nische bedienen und jeweils eine Lücke gefunden haben – aber beide funktionieren ganz unterschiedlich.

Deshalb ist es so wichtig, vorab zu beobachten, was aus Nische entstehen kann und ob es sich lohnt, da reinzugehen. Und wann, damit man nicht zu früh und nicht zu spät ist. Fazit: Ziel ist es, die Menschen in ihrer Lebensrealität abzuholen. Um das zu können, muss man verstehen, wie diese aussieht.

Wie verkörpert man als Marke denn eine Lebensrealität oder einen Lebensstil, mit dem sich Konsument*Innen identifizieren?

Melvin Fahl: Man muss erst verstehen, wen man ansprechen will und welche Berührungspunkte es mit dem Markt gibt. Es reicht nicht, nur in Zielgruppen zu denken. Das Zukunftsinstitut geht sogar so weit und sagt „Die Zielgruppe ist tot! Es lebe der Lebensstil.“

Zwar sind Zielgruppen weiterhin relevant, um Einblick in die Lebensmodelle zu bekommen. In direktem Austausch mit den Zielgruppen kann man die Subkultur und den dahinterstehenden Lifestyle verstehen – um dann Marken zielgerichtet positionieren zu können.

Grundsätzlich entwickeln wir Markenkonzepte aber vor allem mit Blick auf die Usage Occasions, also die eigentlichen Nutzungsszenarios: Wie werden mein Produkt und andere Produkte aus meiner Kategorie in der Realität genutzt? Wieso entscheidet man sich für meine Marke statt für die Konkurrenz?

Bevor man sich fragen kann, wie man die Zielgruppe anspricht, muss man wissen, wen man ansprechen will, welche Lebensrealitäten vorliegen und in welchen Szenarien die Zielgruppe mit der Kategorie und den Produkten in Berührung kommen könnte.

2021 wurde Ihr Design für den Warsteiner Bierlikör mit dem Red Dot Design Award ausgezeichnet. Wie wichtig sind solche Auszeichnung in Ihrem Bereich?

Anke Krocker: Generell ist Award-Fähigkeit nicht unsere Motivation, wenn wir Designs und Marken aufbauen. Wir wollen das Meiste aus Marken rausholen und gehen sehr Marken-fokussiert, strategisch und mit Bedacht vor, wenn wir individuelle Designkonzepte entwickeln. Trotzdem ist eine Auszeichnung natürlich eine tolle Bestätigung dafür, dass wir etwas tolles Neues schaffen konnten, was gesehen wird und gut ankommt. Solchen Designs vorausgegangen sind meistens mutige Entscheidungen, die wir Hand in Hand mit unserem Kunden getroffen haben. Und das ist es, was uns besonders Spaß und besonders stolz macht.

Wenn wir also Preise wie den Red Dot, Pentaward oder den Dieline Award für unseren Kunden Janssen in Boston entgegennehmen, ist das eine Bestätigung dafür, dass unsere kreative Vision gut ankommt – nicht nur in Deutschland, sondern auch international.

Was dürfen wir in Zukunft noch von Ihrer Agentur erwarten?

Anke Krocker & Melvin Fahl: Ganz oben auf unserer To-do-Liste steht Internationalisierung. Gerade in den Niederlanden, U.K. und Skandinavien sieht man viele mutige Marken, die sich mit unserem ästhetischen Anspruch decken. Es ist also eine besonders spannende Vorstellung für uns, in diesen internationalen Märkten Kunden zu gewinnen, da wir davon überzeugt sind, sehr gut für diese Marken arbeiten zu können. Auch an den U.S.A. sind wir dran. Man wird also bald auch jenseits des DACH-Marktes mehr von uns sehen und hören.

Zum Schluss: Welche Verpackung im Getränkesegment fasziniert Sie immer noch?

Anke KrockerEin Klassiker, aber nach wie vor clever, ist Absolut Vodka. Durch ihr super klares Design und die ikonische Flaschenform hat sich die Marke eine unendlich große Spielwiese gesteckt, auf der sie sich austoben kann. Egal, was man auf der Flasche veranstaltet, ob das Logo blind ist oder Limited Editions entstehen: Man erkennt die Marke immer. Die ikonischen Kampagnen helfen natürlich dabei.

Wir freuen uns auch immer, wenn wir Marken wie die Biermarke Noam sehen. Die haben innerhalb eines extrem traditionellen Segments einfach alle gelernten Codes und Regeln außer Acht gelassen und ein ästhetisch total spannendes, hochwertiges Packaging entwickelt, das für so ein Segment schon als kleine Revolution empfunden werden kann. Interessant wird jetzt zu beobachten, ob die Marke nachhaltig Fuß fassen kann oder aus der Nische sogar Mainstream wird.

Dass das geht, wissen wir ja spätestens seit Oatly, die es geschafft haben, aus einer Nischenmarke heraus zu einer im Mainstream voll etablierten Love Brand zu werden. Das ist nach wie vor faszinierend, dass ein Haferdrink hier state-of-the-art ist, Wegbereiter für alle neuen Dairyfree-Marken wird und unerlässlich beweist: Wenn man den Mut aufbringt, mit Kategoriecodes zu brechen, kann was richtig Spannendes dabei rauskommen.

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+++ Wir bedanken uns bei Anke Krocker & Melvin Fahl für das offene und sehr interessante Interview! Wenn auch Sie eine interessante Marke haben, dann sollten wir uns unterhalten. Senden Sie uns einfach eine E-Mail mit dem Betreff „about-drinks Interview“ an redaktion@about-drinks.com – wir freuen uns auf Ihren Kontakt! +++

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