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Studie

72 % der Grundwasservorkommen mit Pestiziden belastet

Das deutsche Grundwasser befindet sich an vielen Orten in katastrophalem Zustand: Bereits in rund 72 Prozent der deutschen Grundwasservorkommen finden sich Pestizidabbauprodukte. Schon in über 76 Prozent findet sich das Chemikalienabbauprodukt Trifluoressigsäure (TFA). Gleichzeitig erreicht die Zahl der in Deutschland zugelassenen Pestizide und damit das unkalkulierbare Risiko für das deutsche Grundwasser ein neues Allzeithoch: 1047 chemische Substanzen dürfen mittlerweile legal auf deutschen Feldern ausgebracht werden. Zu diesen alarmierenden Ergebnissen kommt die Qualitätsgemeinschaft Bio-Mineralwasser e. V. im aktuellen Teil des „Schwarzbuchs Wasser“, einer Übersichtsstudie zum Zustand des deutschen Grund- und Leitungswassers, die der Bioverband heute veröffentlicht.

Manfred Mödinger, Studienautor und geschäftsführender Vorstand der Qualitätsgemeinschaft Bio-Mineralwasser e.V., fasst zusammen: „Die Situation istdoppelt bedrohlich: Rund drei Viertel des deutschen Grundwassers sind bereits chemisch verseucht. Zeitgleich werden immer mehr chemische Substanzen zugelassen. Diese landen früher oder später auf den Äckern und treten mit dem Regen dann ebenfalls ihren Weg ins Grundwasser an – mit ungewissen Wirkungen.“

Grundwasser Pestizide

Die neue Ausgabe des „Schwarzbuchs Wasser“ ergänzt und aktualisiert die ersten vier Ausgaben der Publikation. Die Reihe fasst regelmäßig aktuelle amtliche Daten zur Grund- und Leitungswasserqualität aus Bund und Ländern kompakt zusammen. Diese Daten sind ansonsten nur verstreut in verschiedenen Fachdatenbanken und -veröffentlichungen zu finden. Ziel ist die konzentrierte, barrierefreie Information der breiteren Öffentlichkeit zum Status wasserkritischer Stoffe wie Nitrat oder der Vielzahl an Chemikalien aus Pharmazie, Landwirtschaft und Industrie. Die neue Ausgabe fokussiert dabei insbesondere auch auf Pestizide und ihre Abbauprodukte und sensibilisiert für die damit einhergehenden Herausforderungen. Die zentralen Ergebnisse im Überblick:

  • Laut Daten des Bundesamts für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) sind aktuell 1047 verschiedene Pestizide zur Anwendung auf deutschen Feldern vom Gesetzgeber zugelassen. Das entspricht einem Zuwachs von rund 4,7 Prozent im Vergleich zu 2022 bzw. 34,9 Prozent im Vergleich zu 2014 und stellt ein neues Allzeithoch dar.[1] Damit steigt auch das Risiko für das deutsche Grundwasser und die Bevölkerung dramatisch an, da die Wirkungen der unterschiedlichen Einzelsubstanzen und ihrer Abbauprodukte langfristig kaum zu prognostizieren sind.
  • Schon heute finden sich in rund 72 Prozent der untersuchten deutschen Grundwasservorkommen Pestizidabbauprodukte, im Amtsdeutsch häufig als „nicht-relevant“ bezeichnete Pestizidmetabolite.[2] Nicht nur das Umweltbundesamt bezeichnet diese Begriffssetzung aber als zumindest „irreführend“: „[Der Begriff] impliziert, dass von diesen sogenannten ,nicht relevanten Metaboliten‘ keine Gefahr ausgeht und sie nicht adressiert werden müssen. Dies ist jedoch falsch. Inzwischen ist bekannt, dass mit Einträgen nicht relevanter Metaboliten in das Grundwasser spezifische Risiken für Mensch und Umwelt einhergehen.“[3]
  • Der neue Wert entspricht einer Steigerung von über 14 Prozentpunkten im Vergleich zum letzten Bericht der LAWA, der die Jahre 2013 bis 2016 in den Blick nahm: Damals fanden sich in rund 58 Prozent der Grundwasservorkommen Pestizidabbauprodukte.[4]
  • Bei rund 8,2 Prozent aller untersuchten Grundwasservorkommen liegen die Messwerte für Pestizidabbauprodukte sogar über dem vom Umweltbundesamt festgesetzten Gesundheitlichen Orientierungswert (GOW) von 3,0 Mikrogramm pro Liter.[5] Über diesem Wert können bei langfristigem Konsum des Wassers Gesundheitsschäden nicht ausgeschlossen werden. Dennoch werden diese Grundwasservorkommen vielerorts weiterhin zur Leitungswassergewinnung herangezogen, da es für Leitungswasser bei „nicht-relevanten“ Pestizidmetaboliten keine gesetzlichen Grenzwerte gibt.[6]
  • Über 76 Prozent der untersuchten Grundwasservorkommen sind bereits mit Trifluoressigsäure (TFA) kontaminiert. TFA ist ein Abbauprodukt diverser Chemikalien und laut Umweltbundesamt ein besorgniserregender Stoff: TFA ist hoch wasserlöslich und baut sich in der Umwelt nicht ab, seine langfristigen Wirkungen auf das Ökosystem sind aktuell nicht abschätzbar. Hinzu kommt: TFA kann bei der Leitungswasserherstellung mit den etablierten Aufbereitungstechniken nicht effektiv aus dem Wasser entfernt werden.[7] Davon abgesehen gibt es keine Grenzwerte für TFA im deutschen Leitungswasser.[8]

Grundwasser Pestizide

Manfred Mödinger: „Das Zugleich an hohen Werten und fehlenden gesetzlichen Regelungen zum Schutz der Bevölkerung bestürzt. Es kann nicht sein, dass immer mehr Studien auf die gesundheitlichen Risiken von Pestiziden und ihren Abbauprodukten hinweisen, wir immer mehr davon im Grundwasser finden und dennoch immer mehr dieser Stoffe zugelassen werden. Beispielsweise belegen Studien aus den USA einen direkten Zusammenhang von Pestiziden mit Parkinson sowie diversen Krebsarten wie Non-Hodgkin-Lymphom, Leukämie und bei Blasenkrebs.“[9] Wenn wir der Lage Herr werden wollen, sind der Gesetzgeber und die Behörden dreifach gefordert:

  • Erstens: Es braucht umgehend einen Zulassungsstopp bei neuen Pestiziden, damit das Problem nicht noch komplexer wird als es aktuell schon ist.
  • Zweitens: Zumindest in Wassereinzugsgebieten muss komplett auf ökologischen Landbau gesetzt werden. Denn Ökolandwirte verzichten auf Pestizide. Und was oben nicht auf den Acker gesprüht wird, kann unten nicht im Wasser ankommen. Zudem speichern Ökoflächen auch doppelt so viel Regenwasser ein, was in Zeiten von Dürre und Starkregenereignissen immer wichtiger wird.[10] Klar ist: Dazu muss man auch Geld in die Hand nehmen, damit die Landwirte auf Ökolandbau umstellen und nachhaltig für unser aller Zukunft wirtschaften können. Das ist in jedem Fall deutlich günstiger als im Nachhinein die Schäden an Umwelt und menschlicher Gesundheit zu korrigieren, sofern das überhaupt geht.
  • Drittens: Die Lage darf nicht weiter beschönigt werden. Es hilft nicht, wenn man ständig wiederholt, das deutsche Leitungswasser sei das bestkontrollierte der Welt und die Bevölkerung damit trotz immer mehr Pestizidmetaboliten und fehlender Grenzwerte in falscher Sicherheit wiegt. Man muss die Herausforderungen offen benennen, nur dann kann man etwas dagegen tun. Es ist höchste Zeit. Die aktuellen Zahlen sind Mahnung genug.“

Die neue Studie, zwei ergänzende Grafiken zur freien Verwendung sowie die ersten vier Teile des Schwarzbuchs stehen unter bio-mineralwasser.de/aktuelles/ zum Download bereit.

Über die Qualitätsgemeinschaft Bio-Mineralwasser e.V.

Die Qualitätsgemeinschaft Biomineralwasser e.V. setzt sich seit 2008 ein für einen behutsamen Umgang mit unserem wichtigsten Lebens-Mittel, dem Wasser. Sie wacht über die Richtlinien für das von ihr vergebene Qualitätssiegel „Bio-Mineralwasser“ und sensibilisiert Branche und Verbraucher für die Problematik der zunehmenden Wasserverschmutzung. Mitglieder der Qualitätsgemeinschaft sind u.a. die Bio-Anbauverbände Bioland, Demeter, Naturland und Biokreis sowie der Bundesverband Naturkost Naturwaren und die Assoziation ökologischer Lebensmittelhersteller. Um das Bio-Mineralwasser-Siegel der Qualitätsgemeinschaft zu erlangen, müssen Mineralbrunnen den Verbrauchern ein Höchstmaß an Qualität und Transparenz sowie Nachhaltigkeit garantieren. Die dafür geltenden Richtlinien werden laufend an neue wissenschaftliche Erkenntnisse angepasst. Ihre Einhaltung überwacht und zertifiziert die unabhängige, staatlich zugelassene Biokontrollstelle Kiwa-BCS Öko-Garantie GmbH.

Als bundesweit erstes Bio-Mineralwasser wurde bereits 2009 BioKristall des Bio-Pioniers Neumarkter Lammsbräu zertifiziert, es folgten Ensinger in Baden-Württemberg (Ensinger Gourmet), Voelkel in Niedersachsen (BioZisch-Limonade), Lammsbräu (now-Limonade), die Rheinsberger Preussenquelle aus Brandenburg, die Johann Spielmann GmbH aus Nordrhein-Westfalen (Landpark Bio-Quelle), Bad Dürrheimer aus Baden-Württemberg, Labertaler Heil- und Mineralquellen aus Bayern (Stephanie Gourmet), Carolinen Brunnen aus Nordrhein-Westfalen, Vilsa Brunnen aus Niedersachsen, die Getränkegruppe Hövelmann aus Nordrhein-Westfalen (Urquell Bio-Mineralwasser, Rheinperle Bio Limo leicht), die Molkerei Gropper aus Bayern (rieser Urwasser), das Start-Up Untouched aus Hamburg, Brandenburger Mineralbrunnen aus Brandenburg (Grüne Quelle Brandenburg) sowie Lieler Schlossbrunnen aus Baden-Württemberg (Lieler Waldquelle).

Mehr Informationen über Bio-Mineralwasser finden Sie unter www.bio-mineralwasser.de

[1] Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (2024): „Absatz an Pflanzenschutzmitteln in der Bundesrepublik Deutschland – Ergebnisse der Meldungen gemäß § 64 Pflanzenschutzgesetz für das Jahr 2023“, S. 6 und 8; Publikation abrufbar unter https://www.bvl.bund.de/SharedDocs/Downloads/04_Pflanzenschutzmittel/01_meldungen_par_64/meld_par_64_2023.pdf?__blob=publicationFile&v=2.

[2] Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft Wasser (LAWA) unter dem Vorsitz des Ministeriums für Landwirtschaft, Umwelt und Klimaschutz des Landes Brandenburg (2024): „Bericht zur Grundwasserbeschaffenheit in Deutschland – Pflanzenschutzmittelwirkstoffe und Metaboliten Funde und Tendenzen Berichtszeitraum 2017 bis 2021“, S. 7 und 31; Publikation abrufbar unter „https://www.lawa.de/documents/psm-bericht-2023-12-22-barrierearm-final_2_1728974845.pdf.

[3] Umweltbundesamt (2022): “Nicht relevante Metaboliten von Pflanzenschutzmitteln –

Daten und Fakten zu einer unterschätzten Stoffgruppe“, S.1, Dokument abrufbar unter https://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/362/dokumente/uba_factsheet_nrm.pdf.

[4] Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft Wasser (LAWA)

(2019): „Bericht zur Grundwasserbeschaffenheit – Pflanzenschutzmittel – Berichtszeitraum 2013 bis 2016“, Dokument abrufbar unter https://www.lawa.de/documents/lawa-bericht-zur-gw-beschaffenheit–psm_2_1558355266.pdf.

[5] LAWA (2024), S. 31; Siehe zum GOW Umweltbundesamt (2020): „Gesundheitlicher Orientierungswert – GOW“, Dokument abrufbar unter

https://www.umweltbundesamt.de/themen/wasser/trinkwasser/trinkwasserqualitaet/toxikologie-des-trinkwassers/gesundheitlicher-orientierungswert-gow.

[6] Siehe zu den nicht vorhandenen Grenzwerten für „nicht-relevante“ Pestizidmetabolite „Verordnung über die Qualität von Wasser für den menschlichen Gebrauch (Trinkwasserverordnung – TrinkwV)“, Gesetz downloadbar unter https://www.gesetze-im-internet.de/trinkwv_2023/TrinkwV.pdf.

[7] Siehe zur Einschätzung des Umweltbundesamts bezüglich TFA Umweltbundesamt (2021): „Chemikalieneintrag in Gewässervermindern – Trifluoracetat (TFA) als persistente und mobile Substanz mit vielen Quellen“, S. 6ff, Dokument downloadbar unter https://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/11850/publikationen/2021_hg_chemiekalieneintrag_bf_v2.pdf.

[8] Siehe hierzu Fußnote 6.

[9] Siehe hierzu Gerken, Vincent, D. Zapata, Barron, I. Zapata (2024): „Comprehensive assessment of pesticide use patterns and increased cancer risk” in: Frontiers in Cancer Control and Society (2 – 2024) und Narayan S, Liew Z, Bronstein JM, Ritz B. (2017): „Occupational pesticide use and Parkinson’s disease in the Parkinson Environment Gene (PEG) study“ in: Environ Int. 2017 October.

[10] Siehe hierzu Umweltbundesamt (2016): „Böden als Wasserspeicher“; abrufbar unter https://www.umweltbundesamt.de/publikationen/boeden-als-wasserspeicher#:~:text=Funktionierende%20B%C3%B6den%20sind%20ein%20wesentliches,die%20%E2%81%A0Grundwasserneubildung%E2%81%A0%20sicherstellen. Siehe außerdem Qualitätsgemeinschaft Bio-Mineralwasser (2024): „Bio-Wasseruhr“, abrufbar unter www.bio-wasseruhr.de.

Quelle: Qualitätsgemeinschaft Bio-Mineralwasser e.V.
Titelbild: © PACHARA – stock.adobe.com

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