Jauch's 5 Bitter
Kolumne von Peter Jauch

Jauch’s 5: Meine liebsten Bitter-Getränke für den Start in den Abend

Der Frühling ist da oder ist er schon vorbei? Hier regnet’s immer wieder und von Frühlingsgefühlen kann man nicht gerade sprechen. Aber eigentlich sollte es draußen warm sein und damit sollte die Lust auf Outdoor-Apèros steigen. Obwohl: Wenn wir ehrlich sind, brauchen wir kein gutes Wetter, um einen leckeren Apèro zu genießen – dies rundet doch die Szenerie einfach ab. Natürlich ist ein Apèro draußen bei schönem Wetter eine 10/10 oder wie bewertet man dies heute?

In den letzten zwei Jahren ist die Aperitif-Kategorie stetig gewachsen. Aber darauf schauen wir heute nicht, denn hier geht’s um meine Favoriten für einen leicht bitteren Start in den Abend. Im Volksmund heißt es doch, dass bitter lustig macht. Dies hat die Metalcore-Band (Danke an Olli Schulz für die „Metal am Mittwoch“-Rubrik im Podcast „Fest & Flauschig“) Callejon vor einigen Jahren als Songtitel veröffentlicht. Oder aber Bitter macht gesund und glücklich.

Bilder von Peter Jauch: © Yusuf Evans

Höchste Zeit also, um meine liebsten fünf Bitter-Getränke aufzuzählen:

  1. Campari
  2. Mondino
  3. Bitter di Berna
  4. Select Aperitivo
  5. Marendry

Übrigens: Ohne einen guten Bitter schmeckt kein Negroni!

1. Campari – das Original

Es dauerte, bis ich persönlich meinen ersten Bitter einfach so genießen konnte. Aber es war Campari – der Klassiker schlechthin. Ohne Campari wäre die Bitter-Kategorie aus meiner Sicht nicht so groß und die Vielfalt nicht so breit.

Letztens, um 11:00 Uhr in München, gab es kein Knoppers oder Milchschnitte – bei Andi Till im Pacific Times startete das Meeting mit einem Campari-Seltz. Wenn Sie noch nicht alle Sinne beieinander haben – nach dem ersten Sip, ist man ready. Oder wie meinte Andi Till? „Der erste Seltz haut immer rein, seither genieße ich nur noch immer den ersten.“

© Campari Deutschland

Die Geschichte von Campari geht bis ins 19. Jahrhundert zurück. Die Marke ist bis heute ein Freund der Barindustrie. Sie förderte schon zu Beginn Bars, in denen das Getränk ausgeschenkt wurde. Bis heute gibt es Campari-Bars und lange Partnerschaften wie beispielsweise mit Charles Schumann, dem Grandseigneur der deutschen Bar-Szene schlechthin.

Campari-Soda wurde in den 1970er Jahren von der Band Taxi besungen. So geht Schweizer Liedgut, denn der Song gehört zu den erfolgreichsten seiner Zeit. Die damalige Schweizer Airline Swiss kaufte ein Jahr vor der Übernahme durch Lufthansa die Songrechte. Aus diesem Blickwinkel erscheint die Übernahme in einem neuen Licht. Alle wollen Campari-Soda haben. 😉 Und Campari hat nebenbei gerade das neue Flaschen-Design lanciert.

2. Mondino – die deutsche Antwort

Die Ursprungsrezeptur des Kräuterbitters Mondino aus Bayern nimmt uns mit in die 1960er Jahre. Hans Schnitzer ließ sich in Italien zum Brenner ausbilden und nach seiner Rückkehr entwickelte er die erste Rezeptur des Amaros. Da die Kräuter teilweise in Deutschland nicht verfügbar waren, wurde das Produkt gar nie zur Marktreife gebracht. Die Idee aber blieb.

Anfang der 2010er Jahre nahm sich sein Enkel Max der Modernisierung der Rezeptur an. Zusammen mit Freunden entwickelte er einen zeitgemäßen und bayrischen Bitter. In der italienischen Sprache heisst Bitter klangvoll Amaro.

© Mondino

Frühere Rezepte haben es oft an sich, dass sie nicht dem heutigen Zeitgeist entsprechen. Oft sind sie zu bitter, zu stark, zu intensiv oder einfach nicht mehr genießbar. Mit dem Mondino ist den Nachkommen von Hans Schnitzer auf jeden Fall ein grßer Wurf gelungen. Ein bisschen weniger bitter und smoother als das Original. Auf jeden Fall perfekt für einen lieblichen Negroni oder Americano.

Mein erstes Mal mit dem Mondino war in Zürich, bei Sebastian Seubert im Weindepot. Er, ein deutscher Weinsommelier, erzählte mir, dass sie jetzt was richtig Gutes im Bitter-Segment haben. Und in der Tat: Der Mondino gehört bis heute zu meinen besten 5 Amaros.

3. Bitter di Berna – der junge wilde Schweizer

Die Macher des roten Tonic Waters (Tom’s Tonic) sehen sich jeher als Bitter- und Sauergetränke-Hersteller. So starteten sie 2015 erst mit dem Tonic Water. Vier Jahre später legten sie mit dem Bitter di Berna ihre Version eines Bitters auf. Orange in der Farbe, denn ihr Tonic ist schon rot. Nein, das hat damit nichts zu tun. Sie lassen den Getränken ihre natürliche Farbe. Schließlich arbeiten sie ausschließlich mit natürlichen Zutaten.

Hinter der Firma stecken ein Professor der Universität Bern, ein Lehrer und ein Bartender. Eine perfekte Mischung, um in der Bundeshauptstadt Bern den Markt aufzumischen. Die Geschichte erzählt, dass sich das Trio in der Kreissaal Bar, einer der ältesten Cocktail-Bars der Stadt, kennen und schätzen lernte. Damals war der heutige Lehrer auch noch Bartender. Jakob, Michael und eben Tom waren uns sind bis heute das Trio, das hinter den Produkten steht, die immer anders wie der Mainstream sind. Beim Bitter di Berna, sagt man hinter vorgehaltener Hand, dass dieser der Bitter für Erwachsene sei.

© Drink Tom’s

Auf jeden Fall schmeckt er mit Soda nicht wirklich, sondern kommt perfekt mit der hauseigenen Bitter-Calamansi-Limo oder einem Bitter Lemon zur Geltung. Den geringen Zuckeranteil merkt man dem Produkt an und muss man mögen. Ich mag das Produkt und nutze es immer wieder mal für einen Negroni für Erwachsene.

Übrigens: Die Kreissaal Bar wurde von einer der größten Schweizer Bands, Patent Ochsner, besungen. In diesem Video beim größten Open Air der Region – dem Gurtenfestival.

4. Select Aperitivo – der Traditionelle aus Venedig

Die Geschichte des Select Aperitivo startet vor 103 Jahren in Venedig und gehört bis heute zur Stadt mit den Wassertaxis. Noch immer findet man den Bitter in den Bars. Was den beiden Pilla-Brüdern gelungen ist? Den Menschen nach dem 2. Weltkrieg ein Getränk zu schenken, das am Ursprung der Apèro-Kultur steht.

© Select Aperitivo

Geschmacklich kommt der Select insgesamt bitterer als das Original daher. Ein Zitrusfrüchte-Mix bestehend aus Bergamotte, Grapefruit und Zitronen rundet den venezianischen Amaro ab und gibt so jedem Cocktail ein Frische-Kick.

So gibt es in Deutschland eine unschlagbare Kombi zusammen mit der Cosmo Limo (Cranberry-Rosmarin) von BALIS. Aber am besten überzeugen Sie sich selbst davon. Der Venezien Spritz ist in der Basis-Rezeptur mit Select.

5. Marendry – der Bitter mit der Kirsche

Seit 1905 gibt es in Bologna das Familienunternehmen Fabbri. Und Fabbri steht für die Amarena-Kirsche wie kein anderes Unternehmen. So war es auch klar, dass die Amarena-Kirsche im Amaro, der in den 1950er Jahren lanciert wurde, sein muss.

Übrigens ist die Kirsche auch im letztjährig lancierten Gin mit eingearbeitet. Aber darum geht es hier nicht. Der Marendry wurde damals wie heute in einem Cocktail-Shaker nachempfundenen Flasche verkauft. Den Amaro gab es während einer Zeit nicht mehr zu kaufen, das Unternehmen fokussierte sich nicht auf Hochprozentiges.

© Fabbri 1905

Der Marendry gibt mit seinem einzigartigen Geschmacksprofil jedem Cocktail einen speziellen Geschmacks-Twist. Ein kleiner Negroni mit dem Marendry ist definitiv eine leckere Alternative zum Klassiker. Wichtig ist, dass der Wermut nicht zu süß ist und der Gin am besten mit einem klassischen Aromenprofil, wie Sipsmith London Dry oder Hayman’s London Dry, daherkommt.

Seit 2015 gibt es den Lady Amarena Barwettbewerb von Fabbri. Das ist Frauen-Only-Wettbewerb. Eine schöne und wichtige Veranstaltung für die Barindustrie, denn Frauen sind nach wie vor nicht in der Mehrzahl hinter dem Tresen.

So, jetzt haben Sie nicht nur etwas über meine Lieblingsprodukte, sondern auch ein bisschen Schweizer Musikgeschichte mitbekommen. 😊

Auf jeden Fall wünsche ich jetzt viel Spaß beim Nachverkosten und Ausprobieren meiner Top 5 Bitter.

Cheers!
Ihr Peter Jauch

„Jauch’s 5“ ist die Kolumne auf about-drinks. Peter Jauch rückt in jedem Artikel 5 Hauptdarsteller in den Fokus – mal sind es Gins, mal Drinks, Bars, Restaurants, Events oder andere Spirituosen. Peter Jauch ist Autor von „GIN – Das Buch“ und Gründer von about GIN TONIC. Er ist Speaker und Host verschiedener Gin-Erlebnisse (Tastings, Festivals, Dinners). Zudem gründete er das „GIN Erlebnis Festival“, das „about spirits Festival“ und schrieb das Konzept für die „GIN church“ Zürich. Weitere Infos über ihn gibt’s unter aboutgintonic.com. Das Video-Interview mit ihm findet man hier.

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