Berentzen HR-Interview
HR-Interview mit Vorstand und Personalleiterin

„Größtmögliche Flexibilisierung“: Ralf Brühöfner und Ute Verholen über die Berentzen-Gruppe

Was zeichnet erfolgreiche Arbeitgeber aus? Wo liegen ihre Stärken? Welche zeitgemäßen HR-Prozesse bieten sie an? Die Digitalisierung und der demographische Wandel haben in den letzten Jahren neue Herausforderungen, aber auch große Chancen hervorgebracht. In unserer neuen Interviewreihe sprechen wir mit Personalentscheidern und HR-Verantwortlichen aus der Getränkebranche über aktuelle Themen.

Seit über 260 Jahren besteht die Berentzen-Gruppe. Mit rund 500 Mitarbeitenden ist die Unternehmensgruppe in 60 Ländern mit insgesamt über 1.000 Produkten vertreten. Wir haben mit Ralf Brühöfner (Vorstand, CFO) sowie Ute Verholen (Personalleiterin) über die Unternehmenskultur und Werte, für die Berentzen steht, gesprochen. Zudem erzählen sie, wie sich der Personalbereich in den letzten Jahren verändert hat, welche Rolle die Digitalisierung dabei spielt und warum die neuen Arbeitsmodelle für das Unternehmen mit dem Hauptsitz in Haselünne „Fluch und Segen“ zugleich sind.

Herr Brühöfner, für welche Werte und für welche Unternehmenskultur steht die Berentzen-Gruppe?

Ralf Brühöfner: Die Berentzen-Gruppe besteht seit über 260 Jahren, da sind natürlich gewisse Werte, Normen und Verhaltensweisen ein immanenter Teil geworden und gewissermaßen in unsere DNA integriert. Wir haben ein Wertegerüst, darin geht es im Großen und Ganzen um vier Wertegruppen:

Wertschätzung: Wertschätzung findet für uns auf allen Ebenen statt. Gegenüber Mitarbeitern und Stakeholdern, aber auch gegenüber der Umwelt, der Gesellschaft, unseren Marken und unseren Produkten.

Respekt und Toleranz: Das ist vielleicht die wichtigste Wertegruppe, auch wenn man das schwer hierarchisieren kann. Aber ohne Respekt und Toleranz finden auch die anderen Werte nicht statt.

Offenheit und Tradition: Wir benötigen Offenheit gegenüber Veränderung, Wandel, Disruption, neuen Ideen und Produkten, Märkten und vor allen Dingen gegenüber neuen Menschen. Hinzu kommt unsere Tradition als 260-jähriges Unternehmen, denn wir wissen, woher wir kommen, wer wir sind. Wir haben feste Wurzeln und das gibt uns auch eine Art von Selbstvertrauen und Selbstbewusstsein. Wir sehen Offenheit und Tradition als Bindeglieder zueinander, die sich nicht diametral gegenüberstehen. Offenheit und Tradition ergänzen sich perfekt.

Verantwortung: Wir haben als Unternehmen natürlich eine große Verantwortung. Verantwortung für Menschen, Umwelt, Entscheidungen, die wir treffen, Aktivitäten, die wir jeden Tag umsetzen, Maßnahmen, die wir ergreifen. Aber jeder einzelne im Unternehmen hat ebenfalls eine große Verantwortung, gegenüber der Gemeinschaft, seinen Kolleginnen und Kollegen und dem Unternehmen.

Diese Werte spielen vor allem auch im Personalbereich eine immens wichtige Rolle. Gerade mit Hinblick auf die rasanten Veränderungen unserer Zeit, ist es umso wichtiger, dass wir unseren Werten treu bleiben.

Frau Verholen, wie hat sich der Personalbereich in den letzten zwei Jahren verändert?

Ute Verholen: Unsere Personalabteilung hat in den letzten zwei Jahren einen deutlichen Wandel durchlebt – von der Verwaltung zum Management, wenn man so will. Die Personalabteilung war sonst immer eher auf eigene, verwalterische Themen fokussiert: administrative Abwicklung von Vorgängen, zuverlässige Abrechnungen, Erstellung von Verträgen usw. In den letzten beiden Jahren hat sich das Leistungsspektrum erweitert und die Abteilung ist ganz anders eingebunden. Wir denken interne Prozesse komplett mit, steuern sie und beraten bis zum Abschluss. Die Personalabteilung wird daher auch von den anderen Abteilungen heute ganz anders wahrgenommen. Damit einher gehen steigende Ansprüche an unsere Tätigkeit.

Aber auch extern hat der HR-Bereich eine ganz andere Wahrnehmung bekommen. Durch den aktuellen Fachkräftemangel interessieren sich die Bewerber z.B. viel mehr für den HR-Bereich als vorher. Das bedeutet für uns zum Beispiel, dass wir Recruitingprozesse neu aufstellen und die Mitarbeiterbindung neu denken – vieles davon natürlich digital.

Also spielt die Digitalisierung bei all dem eine wichtige Rolle?!

Ute Verholen: Ja, absolut. Gerade in der letzten Zeit ist dadurch eine ganz neue Geschwindigkeit in die Prozesse gekommen. Unser Vorteil war und ist, dass wir vieles schon vor der Pandemie digitalisiert hatten. Wir haben z.B. im Jahr 2018 einen wichtigen Meilenstein erreicht als wir eine Personalmanagement-Software eingeführt haben. Darüber werden heute schon sehr viele Workflows abgebildet, z.B. Zeiterfassung, Urlaubsanträge und Reisekostenabrechnungen.

Außerdem läuft unser komplettes Bewerbermanagement über diese Software digital: Die Eingangsbestätigung wird automatisch ausgelöst. Die Fachabteilungen haben Zugriff auf die Bewerbungen, können bewerten und Feedback geben. Alle Prozessbeteiligten greifen darauf zu, so dass wir schnell Feedback sammeln und den gesamten Bewerbungsprozess inkl. der Kommunikation mit den Bewerbern so effizient steuern können.

Durch das Arbeiten im Home-Office haben wir natürlich auch noch andere Prozesse digital abgebildet. Wenn beispielsweise Dokumente von mehreren Personen unterschrieben werden müssen, geht das digital. Das alles spart Zeit und viel Papier, um da auch mal den Nachhaltigkeitsaspekt mitzudenken.

Home-Office – Sie haben es gerade angesprochen. Wie geht die Berentzen-Gruppe damit um?

Ute Verholen: Auch hier haben wir den Vorteil, dass wir uns vor der Pandemie schon intensiv mit diesem Thema beschäftigt haben. Wir waren da allerdings – wenn ich das so sagen darf – noch sehr traditionell aufgestellt, so dass wir bis dahin noch keine Regelung für das Home-Office oder das flexible Arbeiten hatten. Als die Pandemie begann, waren wir gerade fertig mit unserem Konstrukt zum mobilen Arbeiten und den entsprechenden Betriebsvereinbarungen. Seitdem setzen wir das Ganze um.

Wie sieht das Arbeitsmodell aus?

Ute Verholen: Bei uns gibt es kein klassisches Home-Office, sondern wir haben das Modell des mobilen Arbeitens eingeführt. In diesem Konzept können die Leute ortsunabhängig arbeiten, müssen also nicht notgedrungen zuhause am Schreibtisch sitzen.

Wir haben dadurch eine größtmögliche Flexibilisierung geschaffen, weil uns sehr wichtig ist, dass die Work-Life-Balance bei unseren Mitarbeitern passt. Wir haben eine Zeiterfassung und Rahmenarbeitszeiten von 06:30 bis 19:00 Uhr (mit wenigen Ausnahmen). Die Mitarbeiter dürfen in dieser Zeit auch z.B. Sport machen oder die Kinder abholen. Sie loggen sich dazu aus und später wieder ein. Die Teams organisieren sich untereinander und sind dafür verantwortlich, dass immer jemand erreichbar ist.

Nutzen die Mitarbeiter tendenziell auch an fünf Tagen diese Möglichkeiten oder sind Sie „freiwillig“ im Büro?

Ute Verholen: Also die Leute kommen auf jeden Fall freiwillig ins Büro. Die Tendenz, wenn ich das jetzt so sagen müsste, steht bei 2:3 – also zwei Tage mobiles Arbeiten und drei Tage im Büro.

Die Branche klagt über Fachkräftemangel. Haben ländlich geprägte Standort, wie Haselünne, Nachteile gegenüber anderen großen Städten? Inwieweit hilft Ihnen das Arbeitsmodell dabei?

Ute Verholen: Ja, klar. Diesen Nachteil hat Berentzen aber schon immer – seit über 260 Jahren. Insofern müssen wir uns als Unternehmen so attraktiv aufstellen, dass der Standort dann im Optimalfall nur noch eine untergeordnete Rolle spielt. Auf der anderen Seite profitieren wir von vielen Leuten, die aus der Region stammen, dann aber z.B. für das Studium weggezogen sind und nun zurückkehren möchten.

Ralf Brühöfner: Die neuen Arbeitsmodelle sind in dieser Hinsicht Fluch und Segen zugleich. Wir haben durchaus Mitarbeitende verloren, die einen neuen Arbeitsplatz angenommen haben, für den sie aufgrund von Home-Office ihren Wohnort nicht wechseln mussten. So verlieren wir Mitarbeitende und konkurrieren plötzlich nicht mehr nur mit attraktiven Unternehmen aus der Region, sondern aus ganz Deutschland.

Aber es ist natürlich auch für uns ein Vorteil: Plötzlich wird Berentzen auch für Bewerber aus anderen Regionen oder Großstädten interessant, da sie überwiegend von zuhause arbeiten können. Das sind Mitarbeitende, die ansonsten nicht zu uns gekommen wären, weil sie nicht bereit sind, ihren Wohnort vollständig und dauerhaft zu wechseln.

In diesem Zusammenhang spielen Corporate Benefits eine wichtige Rolle. Welche bieten sie an?

Ralf Brühöfner: Wir sind der Meinung, dass materielle Benefits allein niemanden mehr dazu bewegen, in ein Unternehmen zu kommen. Dazu gehört mittlerweile weitaus mehr. Der Remote-Arbeitsplatz ist dabei meiner Meinung nach das wesentlichste Kriterium. Insbesondere aber sind ein respektvoller und wertschätzender Austausch auf Augenhöhe, Eigenverantwortung und ein selbstbestimmtes Arbeiten extrem wichtig, das merken wir auch immer wieder. Natürlich bieten wir aber auch eine ganze Reihe an Benefits.

Ute Verholen: Da spielt z.B. unser Betriebliches Gesundheitsmanagement eine große Rolle. Das ist uns sehr wichtig. Zudem schaffen wir für alle Mitarbeitenden die passenden Rahmenbedingungen: eine marktgerechte Vergütung, eine gute IT-Ausstattung, ein gutes Büro, interessante Aufgaben, ein faires und respektvolles Miteinander auf allen Ebenen, innovative Produkte usw.

Sie bieten also einiges … was erwarten Sie auf der anderen Seite von Bewerbern?

Ralf Brühöfner: Die fachliche Qualifikation ist selbstverständlich sehr wichtig. Aber ansonsten gilt der Leitsatz „Eine Persönlichkeit kann alles lernen. Nur Persönlichkeit kann man nicht lernen.“ Wir sind ein charaktervolles Unternehmen und unterscheiden uns mit unserer Historie und unserer Unternehmenskultur durchaus auch von anderen. Daher suchen wir immer Menschen, die bereit sind, sich selbst, aber auch das Unternehmen weiterzuentwickeln.

Wir sind sehr von eher familiären Strukturen geprägt, auch wenn wir eine Aktiengesellschaft sind. Das zeigt sich im Gesamtunternehmen und in den einzelnen Abteilungen und Teams. Insofern ist es für uns wichtig, dass man ein exzellentes Sozialverhalten mitbringt und den Erfolg der Gruppe, des Teams in den Vordergrund stellt.

„Sich selbst und das Unternehmen weiterentwickeln“ – wie kann man sich bei Berentzen weiterentwickeln? Welche Möglichkeiten bieten Sie an?

Ute Verholen: Wir bieten jedem grundsätzlich die Möglichkeit zur Weiterbildung an. Wir denken dabei nicht wie viele Konzerne, in denen es feste Programme zu Weiterbildung gibt. Bei uns findet alles individuell in Abstimmung mit den Mitarbeitenden statt.

Weiterbildung ist ein Thema, dass wir in Zukunft noch ausbauen möchten. Dafür bekommen wir im November eine neue Kollegin, die sich ausschließlich um dieses Thema, die Personalentwicklung, kümmern wird. Auch in diesem Bereich ist eine fortlaufende Weiterentwicklung mit immer neuen Konzepten und Ideen ganz wichtig. Das ist auch nötig, da sich der Markt eben auch immer weiterentwickelt.

Lassen Sie uns abschließend noch über die neue Employer-Branding-Kampagne „Gemeinsam für mehr Lebensfreude“ sprechen. Dort stellen Sie Mitarbeitende in den Fokus. Woher kam die Idee dazu?

Ralf Brühöfner: Die Idee zu der Kampagne gab es schon länger, so ein Thema benötigt ja auch eine gewisse Vorlaufzeit. „Gemeinsam für mehr Lebensfreude“ ist mehr als ein Claim. Es ist unsere Vision; das, was wir mit dem Unternehmen und den Produkten nach außen transportieren möchten. Wir möchten den Menschen gemeinsam mehr Lebensfreude, Optimismus und Lebendigkeit schenken. Das Ganze gilt aber nicht nur für unsere Kunden und Kundinnen, sondern auch für unseren Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen. Deshalb war es für uns von vornherein klar, dass auch sie die Gesichter der Kampagne sein sollen.

In den Videos zeigen wir authentisch die Arbeitsplätze, persönliche Nähe, die familiäre Gemeinschaft im Unternehmen. Wir wollen die Arbeitgebermarke und das Unternehmen damit erlebbar machen, zeigen, wer wir sind, wie wir arbeiten. Alles, was Sie in den Videos sehen, ist authentisch: Es sind tatsächlich fast alle Akteure unsere Mitarbeitenden in ihren jeweiligen Arbeitsumfeldern, mit unseren Produkten. So wird die Vielfalt der Menschen, die hier arbeiten, und auch die Vielfalt der Jobs sehr deutlich.

Ute Verholen: Im Zuge der Kampagne haben wir dann auch andere Dinge, wie unseren Messeauftritt und unsere Stellenanzeigen überarbeitet. Es wird dadurch alles noch ein bisschen persönlicher. Das hilft uns also wiederum auch beim Recruiting. Alle Videos unserer Kampagne sind übrigens auf unserer Website zu finden.

Berentzen-Gruppe AG | berentzen-gruppe.de | linkedin.com/company/berentzen-gruppe | xing.com/pages/berentzen-gruppeag

+++ Wir bedanken uns bei Ralf Brühöfner und Ute Verholen für das offene und sehr interessante Interview! Was zeichnet Sie als Arbeitgeber aus? Wo liegen Ihre Stärken? Welche zeitgemäßen HR-Prozesse bieten Sie? Wenn auch Sie Ihre Konzepte und Maßnahmen vorstellen möchten, dann sollten wir uns unterhalten. Senden Sie uns einfach eine E-Mail mit dem Betreff „HR-Interview“ an redaktion@about-drinks.com – wir freuen uns auf Ihren Kontakt! +++

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