foodwatch: Kinderkardiologen warnen vor Gefahren von Energydrinks
Führende Kinderkardiolog:innen warnen vor Energydrinks und kritisieren die kürzlich vom Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) und der Berliner Charité-Klinik veröffentlichte EDKAR-Studie zu den aufputschenden Getränken als methodisch mangelhaft. Die Verbraucherorganisation foodwatch forderte die Bundesregierung auf, endlich eine Altersgrenze für Red Bull, Monster und Co. einzuführen – wie es andere europäische Länder längst tun. Durch das Warten auf die EDKAR-Studie, die bereits 2020 von der damaligen Bundesernährungsministerin Julia Klöckner (CDU) in Auftrag gegeben wurde, sei wertvolle Zeit vergeudet worden.
„Wissenschaftliche Untersuchungen zeigen eindeutig, dass Energydrinks für Kinder und Jugendliche gefährlich sind. Schon eine einzelne große Dosis kann Blutdruck und Herzfrequenz erhöhen, den Schlaf verschlechtern und Herzrhythmusstörungen begünstigen. Der Konsum von Energydrinks für Kinder und Jugendliche muss aus gesundheitlichen Gründen eingeschränkt werden“, sagte Prof. Dr. Nikolaus Haas, Direktor der Kinderkardiologie des Uniklinikums München.
Die vergangene Woche veröffentlichte EDKAR-Studie, wonach Energydrinks zunächst keine Herzschäden bei Kindern verursachen, kritisierten Prof. Dr. Haas und mehrere Kolleg:innen als wenig aussagekräftig. Selbst Tabak- und Alkoholkonsum zeige in den Studiendaten keine Veränderungen an der Herzgesundheit von Jugendlichen – dennoch sei völlig klar, dass Alkohol und Tabak zwei entscheidende Risikofaktoren für Herz-Kreislauf-Erkrankungen seien. Das Konzept der Studie und die vorgelegten Daten lieferten keine zuverlässigen Informationen über das Risiko von Herzerkrankungen durch Energydrinks: „We (…) strongly disagree that the setting of the EDKAR study and the data presented may give reliable information on the cardiovascular risk”, schreiben die Mediziner:innen in einem Brief an das publizierende Fachjournal, der foodwatch vorliegt.
Nach Ansicht der Kindermediziner:innen weist die Studie „erhebliche Mängel in der Methodik“ („significant shortfalls“) auf:
- Für die Jugendlichen wurden fälschlicherweise nur Erwachsenen-Referenzwerte verwendet, beispielsweise für die einfachen Messwerte wie Gewicht, Größe und BMI, die Herzwanddicke und alle Echokardiographie-Messwerte.
- Notwendige Messmethoden wie 24-Stunden-EKG und 24-Stunden-Blutdruckmessung fehlten – ohne diese sind Bewertungen des Blutdrucks und des Risikos für Herzrhythmusstörungen nicht sinnvoll.
- Es war unklar, wann die Jugendlichen das letzte Mal Energydrinks zu sich genommen hatten, bevor sie untersucht wurden.
- Trotz dieser Fehler zeigten sich klare Trends bei der Dicke der Herzmuskulatur und beim Blutdruck sowie, dass die Kontrollgruppe im Vergleich zu der Maximalgruppe z.B. einen um 5 mmHg höheren diastolischen Blutdruck hatte.
- An der kardiologischen Untersuchung nach der Onlinebefragung nahm nur noch rund ein Drittel der ausgewählten Minderjährigen teil – es besteht eine hohe Gefahr, dass dadurch die Ergebnisse verzerrt wurden.
Die EDKAR-Studie wurde 2020 von der damaligen Bundesernährungsministerin Julia Klöckner (CDU) in Auftrag gegeben. Erklärtes Ziel war, eine Entscheidungsgrundlage zu liefern, ob und wie Minderjährige vor einem übermäßigen Konsum von Energydrinks geschützt werden müssen.
„Fünf Jahre lang hat die Bundesregierung die Warterei auf die BfR-Studie als willkommene Ausrede genutzt, um nichts zu tun, während Länder wie Großbritannien oder Polen längst Altersgrenzen für Energydrinks einführen“, sagte Dr. Rebekka Siegmann von foodwatch. „Wir schützen unsere Kinder und Jugendlichen vor Tabak und Alkohol – und sollten sie auch vor gefährlichen Energydrinks schützen. Die Koffeinbomben sind nichts für Minderjährige.“
Energydrinks sind besonders bei Kindern und Jugendlichen beliebt. 68 Prozent der Jugendlichen in der EU trinken regelmäßig Energydrinks, 17 Prozent der jungen Konsument:innen in Deutschland trinken mehr als einen Liter auf einmal. Und das, obwohl ein:e Jugendliche:r mit 50 Kilogramm Körpergewicht die maximal empfohlene Menge Koffein pro Tag schon mit einer handelsüblichen Halbliterdose überschreitet. Neben foodwatch fordern auch die Verbraucherzentralen ein Verkaufsverbot an Minderjährige. Der Bürgerrat Ernährung des Deutschen Bundestages setzt sich für eine Altersbeschränkung ab 16 Jahren ein. Polen, Lettland, Litauen und Rumänien haben den Verkauf von Energydrinks an Minderjährige bereits verboten, Großbritannien hat eine Altersgrenze angekündigt.
Quelle: foodwatch e.V.
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