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Politik

Bürgerrat empfiehlt Altersgrenze von 16 Jahren für den Kauf von Energydrinks

Der Bürgerrat „Ernährung im Wandel“ hat am 14. Januar 2024 neun Empfehlungen zur Verbesserung der Ernährungspolitik beschlossen. Die Losversammlung war der erste offiziell vom Bundestag eingesetzte Bürgerrat.

Eine der neun Empfehlungen, die am 20. Februar 2024 an die Abgeordneten des Deutschen Bundestages übergeben werden, ist es, eine Altersgrenze für Energydrinks festzulegen. Für den Kauf von Energydrinks und ähnlichen Produkten soll ein Mindestalter von 16 Jahren eingeführt werden. Die Maßnahme und die Begründung des Bürgerrats sehen wie folgt aus:

Maßnahme

Wir empfehlen, dass für Energydrinks und ähnliche Produkte, wie z.B. Energybooster, eine Altersgrenze eingeführt wird. Die Definition von Energydrinks findet sich in der Verordnung über Fruchtsaft, Fruchtnektar und koffeinhaltige Erfrischungsgetränke des Bundesministeriums für Justiz.

Die Altersgrenze muss bei mindestens 16 Jahren liegen. Nach Überprüfung eines unabhängigen wissenschaftlichen Beirats sollte die Altersgrenze auf 18 Jahre erhöht werden, falls dies empfohlen wird.

Zusätzlich sollen auf der Vorderseite der Produkte klar erkenntliche und sich durch Farbe deutlich abhebbare Warnhinweise angebracht werden, die auf die gesundheitlichen Risiken der Inhaltsstoffe hinweisen.

Die Einhaltung der Altersgrenze soll gewährleistet werden, indem in allen Verkaufsstellen, inklusive Onlinehandel, Alterskontrollen durchgeführt werden. Betreiber von Getränkeautomaten müssen gewährleisten, dass die Altersgrenze eingehalten wird. Wenn dies technisch nicht umsetzbar ist, dürfen diese Getränke nicht verkauft werden.

Begründung

Wir plädieren für eine Altersgrenze bei Energydrinks, um den gesetzlich verankerten Kinder- und Jugendschutz zu gewährleisten. Die Gesundheitsschäden und das Suchtpotential sind ähnlich gravierend, wie bei Zigaretten und Alkohol. Für eine Altersgrenze ab 16 Jahren spricht, dass Wein und Bier auch ab 16 Jahren erlaubt sind und eine höhere Altersgrenze daher schwerer zu rechtfertigen ist.

Da die Entwicklung des Gehirns bis 18 Jahre noch nicht abgeschlossen ist, soll eine Anhebung der Altersgrenze auf 18 Jahre wissenschaftlich geprüft werden. Warnhinweise sollen abschreckend wirken, sowohl für Kinder und Jugendliche als auch Erwachsene.

Bekannterweise enthalten Energydrinks Inhaltsstoffe, wie z. B. Koffein und Taurin, die in Wechselwirkung und Dosierung negative Auswirkungen auf die geistige und körperliche Entwicklung eines Kindes bzw. eines Jugendlichen haben

Diese Empfehlung fand im Bürgerrat eine Zustimmung von 79,6% bei 15,0% Nein-Stimmen und 5,3% Enthaltungen (Abweichung von 100% aufgrund von Rundungswerten).

Überblick über die Empfehlungen des Bürgerrates

Den Teilnehmerinnen und Teilnehmern sind neben der Altersgrenze für Energydrinks folgende Punkte für eine bessere Ernährung wichtig:

  • Kostenfreies Mittagessen für alle Kinder: Bundesweit soll an allen Kindergärten und Schulen kostenfreies und gesundes Mittagessen angeboten werden
  • Bewusstes Einkaufen leicht gemacht durch ein verpflichtendes staatliches Label: Für alle in Deutschland und der Europäischen Union verkauften Produkte soll es ein verpflichtendes staatliches Laben geben. Das Label soll die Bereiche Klima, Tierwohl und Gesundheit einzeln berücksichtigen und soll wissenschaftlich fundiert sein.
  • Verpflichtende Weitergabe von genießbaren Lebensmitteln durch den Lebensmitteleinzelhandel: Supermärkte und andere Lebensmittelgeschäfte ab einer Größe von 400 Quadratmetern Verkaufsfläche sollen verpflichtet werden, noch genießbare Lebensmittel, die sonst weggeworfen würden, an gemeinnützige Organisationen weiterzugeben.
  • Lebensbedingungen und Herkunft von Tieren transparent darstellen: Ein verpflichtendes und staatlich kontrolliertes, ganzheitliches Tierwohllabel soll den gesamten Lebenszyklus von Nutztieren abbilden.
  • Neuer Steuerkurs für Lebensmittel: Die Definition von Grundnahrungsmitteln soll überarbeitet werden. Darunter sollen in Zukunft auch Produkte wie pflanzliche Milchersatzprodukte, Fleischersatzprodukte und alle nach Bio-Standards erzeugten Produkte fallen. Zucker soll hingegen nicht mehr als Grundnahrungsmittel gelten und damit die darauf erhobene Mehrwertsteuer auf 19 Prozent angehoben werden. Auf Produkte wie unverarbeitetes und tiefgefrorenes Obst und Gemüse in Bio-Qualität, Hülsenfrüchte, Nüsse und Vollkorngetreide sowie Mineral- und Tafelwasser soll keine Mehrwertsteuer mehr erhoben werden.
  • Gemeinschaftsverpflegung in Pflegeeinrichtungen: In Krankenhäusern, Reha-, Senioren- und anderen Pflegeeinrichtungen soll der Zugang zu gesunder und ausgewogener Ernährung sichergestellt werden.
  • Verbrauchsabgabe zur Förderung des Tierwohls: Mit einer zweckgebundenen Verbrauchsabgabe auf tierische Produkte soll der Umbau der Tierhaltung hin zu einer artgerechten Nutztierhaltung finanziert werden. Die Einnahmen aus der Verbrauchsabgabe sollen für eine Tierwohlprämie genutzt werden, die landwirtschaftliche Betriebe kontinuierlich erhalten, wenn sie die Haltungsform verbessern. Dabei soll gelten: je besser die Haltungsform, desto höher die Prämie.
  • Mehr Personal für Lebensmittelkontrollen und bessere Transparenz: Die Berufsordnung für Lebensmittelkontrolleure soll so so geändert werden, dass die Zugangshürden für diesen Beruf gesenkt werden. Kontrollergebnisse sollen der Öffentlichkeit auf einfache Weise zugänglich gemacht werden.

Weitere Informationen und Infos über die Empfehlungen finden Sie hier.

„Im Bürgerrat wurde Demokratie gelebt“

Bundestagspräsidentin Bärbel Bas dankte den Mitgliedern des Bürgerrats: „Demokratie geht uns alle an. Im Bürgerrat ‚Ernährung im Wandel‘ wurde Demokratie gelebt, in einem Klima von Offenheit, Neugier und Mut zum sachlichen Austausch. Ich danke allen Teilnehmerinnen und Teilnehmern dafür, dass sie sich die Zeit genommen haben, sich tief in das Thema Ernährung einzuarbeiten.

Durch ihre Empfehlungen haben sie wichtige Impulse für unsere parlamentarische Arbeit gegeben. Sehr konkrete Empfehlungen wie ein kostenfreies Mittagessen für alle Kinder oder eine Altersgrenze für Energydrinks sind nun auf dem Tisch, mit denen wir uns jetzt als Abgeordnete auseinandersetzen werden. Mit diesen Empfehlungen sollten sich alle Fraktionen im Deutschen Bundestag intensiv beschäftigen. Der erste Bürgerrat des Deutschen Bundestages ist ein gelungenes und innovatives Beispiel für lebendige Demokratie.“

Thema durch Bundestag festgelegt

Das Thema des Bürgerrates hatten die Abgeordneten festgelegt. Der Ältestenrat des Bundestages hatte dazu eine Berichterstattergruppe Bürgerrat berufen, in der alle Fraktionen des Deutschen Bundestages vertreten sind. Die Berichterstattergruppe hatte unterschiedliche Themenvorschläge diskutiert und sich schließlich auf das Thema „Ernährung im Wandel: Zwischen Privatangelegenheit und staatlichen Aufgaben“ verständigt. SPD, Grüne, FDP und Linke hatten diesen Themenvorschlag als Antrag in den Bundestag eingebracht. Die Mehrheit der Abgeordneten hatte dem Antrag am 10. Mai 2023 zugestimmt

Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Bürgerrates waren bundesweit aus allen Einwohnerinnen und Einwohnern ab 16 Jahren ausgelost worden. Der Bürgerrat sollte die Vielfalt der Gesellschaft möglichst gut abbilden und auch die Stimmen sichtbar machen, die sonst in der politischen Diskussion weniger präsent sind. Dafür wurden die 160 Teilnehmerinnen und Teilnehmer in einem mehrstufigen Verfahren per Zufallsauswahl ermittelt.

In einem ersten Schritt wurden 19.327 Personen zufällig über die Melderegister von 82 ausgelosten Gemeinden in ganz Deutschland ermittelt und angeschrieben. 2.220 davon bekundeten ihr Interesse an einer Teilnahme. Aus diesen Rückmeldungen wurden durch einen Computer-Algorithmus 1.000 mögliche Bürgerräte mit je 160 Teilnehmerinnen und Teilnehmern zusammengestellt, von denen Bundestagspräsidentin Bärbel Bas am 21. Juli 2023 einen ausgelost hat.

Abbild der Bevölkerung

Bei der Zusammensetzung der 1.000 potentiellen Bürgerräte wurde darauf geachtet, dass der Algorithmus die Teilnehmerinnen und Teilnehmer bezüglich Alter, Geschlecht, Herkunft (Bundesland und Gemeindegröße) und Bildungshintergrund so ermittelt, dass in jedem der 1.000 Bürgerräte genau die Anteile an der Bevölkerung in Deutschland widergespiegelt werden. Zudem wurde sichergestellt, dass der Bürgerrat Ernährung genau den Anteil der sich vegetarisch oder vegan ernährenden Personen an der Bevölkerung abbildet.

Die erste Sitzung des Bürgerrates fand am letzten September-Wochenende 2023 statt. Darauf folgten zwei weitere Wochenenden in Berlin und insgesamt sechs Online-Sitzungen zur vertieften Diskussion und Zusammenstellung der Empfehlungen in einem Bürgergutachten. Dieses wird den Abgeordneten des Deutschen Bundestages am 20. Februar 2024 übergeben werden.

Die teilnehmenden Bürgerinnen und Bürger haben 50 Euro für jede digitale Sitzung sowie 200 Euro für die Teilnahme an den Präsenzsitzungen in Berlin (jeweils von Freitagnachmittag bis Sonntagmittag) erhalten, insgesamt also bis zu 900 Euro. Zudem wurden ihnen kostenlos Hotelzimmer und Verpflegung gestellt und die Reisekosten erstattet.

Fragen an die Teilnehmer

Im Einsetzungsbeschluss zum Bürgerrat hatten die Abgeordneten den Teilnehmerinnen und Teilnehmern einige Fragen mit auf den Weg gegeben, wie zum Beispiel: „Was erwarten die Bürgerinnen und Bürger in der Ernährungspolitik vom Staat?“, „Was gehört zu einer transparenten Kennzeichnung von sozialen Bedingungen, von Umwelt- und Klimaverträglichkeit und von Tierwohlstandards?“, „Wie können die Bürgerinnen und Bürger bei Kaufentscheidungen im Hinblick auf eine gesunde Ernährung besser unterstützt werden?“ oder „Welchen steuerlichen Rahmen soll der Staat für die Preisbildung von Lebensmitteln setzen?“

Mit welchen Schwerpunkten sich der Bürgerrat in diesem Spannungsfeld von individueller Freiheit und Verantwortung für die Gesellschaft konkret beschäftigt hat, haben die Teilnehmerinnen und Teilnehmer selbst entschieden. Im Vordergrund sollten dabei Maßnahmen stehen, die der Deutsche Bundestag beeinflussen kann, da er der Empfänger der Empfehlungen sein wird.

Information durch Experten

Expertinnen und Experten haben dafür gesorgt, dass alle Mitglieder des Bürgerrats ungefähr den gleichen Wissensstand zum Thema des Bürgerrats haben. Dafür haben sie kurze Vorträge und Präsentationen für die Ausgelosten gehalten. Sie standen auch für Rückfragen zur Verfügung. Das Gespräch mit den Expertinnen und Experten fand in der großen Runde statt. Die eigentlichen Debatten haben die Teilnehmerinnen und Teilnehmer jedoch in kleinen Gruppen geführt, zu denen die Expertinnen und Experten keinen Zutritt hatten. So wurde sichergestellt, dass die Diskussion fair und ergebnisoffen verläuft.

Bei der Frage, welche Expertinnen und Experten Vorträge halten sollen, war der Wissenschaftliche Beirat unterstützend tätig. Er besteht aus elf Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern von Hochschulen oder staatlich anerkannten Einrichtungen, die von den Fraktionen im Deutschen Bundestag benannt wurden. Der Wissenschaftliche Beirat hat die Bürgerinnen und Bürger außerdem unterstützt, indem er ihre Maßnahmenvorschläge geprüft hat und eine Einschätzung abgegeben hat, welche Wirkungen damit verbunden wären. So können die Teilnehmerinnen und Teilnehmer bei ihrer letzten Sitzung eine informierte Entscheidung darüber treffen, was sie den Abgeordneten empfehlen wollen.

Interessenvertreter konnten eingeladen werden

Interessenvertreter konnten nach Einbeziehung der Expertise des wissenschaftlichen Beirats als Inputgeber eingeladen werden. Dabei wurde den Teilnehmerinnen und Teilnehmern transparent gemacht, von welcher Institution sie kommen. Die Interessenvertreter aus dem Bereich Ernährung wurden zudem in einer Anhörung darüber informiert, wie der Bürgerrat ablaufen soll und konnten dazu Rückmeldungen einbringen.

Der Bürgerrat Ernährung war vom 12. bis 14. Januar 2024 zur letzten Präsenzsitzung in Berlin zusammengekommen, um seine Empfehlungen zu formulieren. Nun werden die Ergebnisse gemeinsam mit einer Beschreibung des Ablaufs und Fotos von den Sitzungen zu einem Bürgergutachten zusammengestellt.

Behandlung im Parlament

Der Bürgerrat übergibt das Bürgergutachten am 20. Februar 2024 an die Bundestagspräsidentin. Danach wird es als Bundestagsdrucksache veröffentlicht und in die parlamentarischen Beratungen gegeben. Dazu soll es zunächst in erster Beratung eine Aussprache im Plenum des Deutschen Bundestages geben. Anschließend soll der Bericht an die thematisch zuständigen Ausschüsse überwiesen werden. Nach Abschluss der parlamentarischen Beratungen entscheidet der Bundestag, wie er mit den Ergebnissen weiter umgeht.

Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Bürgerrats und die Öffentlichkeit werden über den Gang der parlamentarischen Beratungen informiert. Sie erfahren dadurch auch, ob Ergebnisse abgelehnt, teilweise oder ganz übernommen werden.

Quelle: Bürgerrat / Mehr Demokratie e.V. – Haus der Demokratie und Menschenrechte
Bildquelle: @iStockphoto | HandmadePictures

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